darüberhinausgehende Absenkung sei aber unter anderem deshalb kontraproduktiv, da auch nach den bestehenden Regelungen kein Mangel an ÖbVI, sondern generell an Fachkräften im Vermes- sungswesen herrsche. Verbände bewerten Gesetzentwurf als untauglich In ein ähnliches Horn stießen auch die anwesenden Berufsverbände: Der Vorsitzende der BDVI-Lan- desgruppe Hessen, Dipl.-Ing. Jörg Mathes, ÖbVI, betrachtete den Gesetzentwurf aus Sicht seiner Mit- glieder äußerst kritisch. Die Anzahl der Berufsträger in der operativen Tätigkeit sei in den vergangenen Jahren zwar von 90 auf 60 gesunken, der Anteil an Hoheitlichen Vermessungen durch die ÖbVI jedoch von 50 % auf über 80 % gestiegen. Daher gebe es für eine solche Änderung keine Veranlassung. Denn der Berufsstand habe trotz einer gesunkenen Anzahl an Büros, die aber statistisch größer wür- den, weiterhin genug Kapazitäten, um seinen ho- heitlichen Aufgaben nachzukommen. Gegen eine grundsätzliche Öffnung des ÖbVI-Berufs für Quer- einsteiger habe man aus Sicht seines Verbandes keine Einwände. Allerdings müsse darauf geachtet werden, dass diese das gleiche Qualitätsniveau er- füllen würden wie die bereits zugelassenen ÖbVI. Dies sei nur durch eine qualifizierte Prüfung der Be- werber möglich, beispielsweise das Zweite Staats- examen. Mathes beanstandete darüber hinaus die Notwendigkeit einer auskömmlichen Gebührenord- nung des Landes Hessen für die Erfüllung der ho- heitlichen Vermessungsausgaben sowie eine auch daraus ersichtliche fehlende Wertschätzung für die ÖbVI seitens des Gesetzgebers. BDVI-Justiziar RA Dr. Michael Körner, LL.M. (UCT) ergänzte, dass es zahlreiche Vermessungs- ingenieure gebe, die die Voraussetzungen für eine Qualifikation zum ÖbVI bereits erfüllten, aber nicht als solche tätig sein wollten. Hierbei sei auch zu beachten, dass der ÖbVI auf sich allein gestellt agieren müsse und keinen Verwaltungsunterbau zur Verfügung habe wie etwa eine Behörde. Am Gesetzentwurf bemängelte er, dass er keine hin- reichende Ausdifferenzierung beim Quereinstieg in den ÖbVI-Beruf beinhalte und bereits vorhandene Regelungen in diesem Bereich aus anderen Bun- desländern ignoriere. Ebenso gelte es zu beachten, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Büros, die nach dem Entwurf für einen Quereinstieg in Fra- ge kämen, häufig nur einen kleinen, spezialisierten Aufgabenbereich übernähmen und ihnen aus die- sem Grund die nötige Wissensbreite für eine Tä- tigkeit als ÖbVI fehle. Weiterhin sei als Folge des Gesetzentwurfes ein Verdrängungswettbewerb zu befürchten, der einerseits in der Abwanderung hes- sischer ÖbVI in benachbarte Bundesländer und an- dererseits dem Drängen auswärtiger ÖbVI auf den hiesigen Markt sowie einem Zuständigkeitskonflikt der Behörden münden könne. Auch Dipl.-Ing. Oliver Buck M.A. MRICS, ÖbVI merkte an, dass der Gesetzentwurf hohe Wellen im Berufsstand geschlagen habe. Er kritisierte, dass der von der Landesregierung gewünschte erleichterte Zugang zum ÖbVI-Beruf unweigerlich zu einem Qualitätsverlust im Liegenschaftskatas- ter führen müsse. Denn für dessen Pflege sei eine fundierte ÖbVI-Ausbildung unerlässlich. Zudem sei das Durchschnittsalter der hessischen ÖbVI, das als eine Begründung für die geplante Neuregelung genannt worden sei, kaum höher als das in anderen Freien Berufen, etwa bei den Notaren. Weiterhin gebe es zu bedenken, dass die durchschnittliche Mitarbeiterzahl in den Büros in den vergangenen Jahren gestiegen sei. Die von der Landesregie- rung geäußerte Sorge, dass die Flächenabdeckung durch die abnehmende Anzahl an ÖbVI in Gefahr gerate, habe daher keine Bewandtnis. Darüber hinaus sei der Fachkräftemangel nicht spezifisch für die hessischen ÖbVI, sondern ziehe sich durch das gesamte Vermessungswesen. Der Berufsstand unternehme daher bereits seit 2012 große Kraft- anstrengungen und bilde über Bedarf aus. Buck konnte die von der Landesregierung verbreitete „Untergangsstimmung“ nicht mittragen und ergänz- te, dass die ÖbVI durchaus offen für Quereinsteiger seien, solange sie die gleichen Anforderungen ein- halten müssten wie die jetzigen Berufsträger. Der Vorsitzende der DVW Hessen e.V. – Gesell- schaft für Geodäsie, Geoinformation und Landma- nagement, Dipl.-Ing. Mario Friehl, stimmte den übrigen Angehörten zu, dass die hohen Anforde- rungen an die Berufsausbildung erhalten bleiben müssten. Der Gesetzentwurf der Landesregierung sorge allerdings für Verunsicherung unter den Geo- däten hinsichtlich der Zulassungswege zum ÖbVI. Ebenso wenig sorge er für die nötige Klarheit, um unterschiedliche Lebensentwürfe in Einklang zu bringen, oder für die Steigerung der Attraktivität des Berufs. Da der Fachkräftemangel sowohl die ÖbVI als auch die Vermessungsbehörden vor große Pro- bleme stelle, appellierte Friehl für mehr Initiativen rund um die MINT-Fächer und -Berufe. Sorge vor Qualitätsverlust seitens der Architek- ten und Freien Berufe In ihrer Funktion als Vorsitzende des Verbandes Freier Berufe in Hessen (VFBH) argumentierte Dr. iur. Karin Hahne schließlich, dass sich die Zu- gangsvoraussetzungen zum ÖbVI an denen ande- rer Freier Berufe orientieren müssten, die durch ein Vertrauensverhältnis zwischen Kunde bzw. Klient und Dienstleister gekennzeichnet seien. Dies gelte auch für die ÖbVI, die trotz ihrer hoheitlichen Aufga- ben und ihrer öffentlichen Bestellung zu den Freien Berufen zählten. Hahne sah es daher kritisch, dass der vorliegende Gesetzentwurf komplexe beamten- rechtliche Regelungen für die Zulassung zum ÖbVI vorsehe. Sie erachtete die geplante Novellierung >>> weiter auf der nächsten Seite Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember 23