23.08.2023
Im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2023 I Nr. 222 vom 23.08.2023) wurde heute die Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen veröffentlicht. Darin enthalten ist die Streichung von § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV, der die Auftragswertberechnung von Planungsleistungen regelte.
Die geänderte VgV mit der Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt müssen grundsätzlich alle ausgeschriebenen Planungsleistungen bei öffentlichen Vergabeverfahren addiert werden. Dies hat zur Folge, dass der Schwellenwert für die europaweite Ausschreibung von Planungsleistungen (215.000 Euro) früher als bisher überschritten wird. So werden jetzt auch bei kleinen Bauvorhaben europaweite Ausschreibungen notwendig. Dies bedeutet einen zeit- und kostenintensiven Mehraufwand nicht nur für die sich an einer Ausschreibung beteiligenden Planerinnen und Planer, sondern auch für die öffentlichen Auftraggeber.
In einer Entschließung des Bundesrates wurde die Bundesregierung aufgefordert zu prüfen, wie im Rahmen der europarechtlichen Möglichkeiten auch weiterhin verschiedene Planungsleistungen für kleinere Bauprojekte ohne europaweite Ausschreibung vergeben werden können. Dazu sollen klarstellende Erläuterungen gegeben werden, die aufzeigen, wie die Auswirkungen der Aufhebung des § 3 Absatz 7 Satz 2 VgV auf die Praxis rechtssicher begrenzt werden können.
Die Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen ist hier zu finden.
Unter Berücksichtigung, dass das zugrundeliegende Vertragsverletzungsverfahren noch nicht beendet ist, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen dazu diese klarstellenden Erläuterungen veröffentlicht.
Danach ist für die Auftragswertberechnung – unabhängig von einer etwaigen (späteren) Losbildung – zunächst zu bestimmen, inwieweit ein einheitlicher Auftrag vorliegt. Hierbei ist eine „funktionale Betrachtung“ heranzuziehen.
Ein einheitlicher Gesamtauftrag liegt demnach vor, sofern dessen Teilleistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht eine innere Kohärenz und eine funktionelle Kontinuität aufweisen.
Auf dieser Grundlage kann dann sowohl die getrennte als auch die gemeinsame Vergabe von Aufträgen für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen vorgesehen werden. Die rechtliche Prüfung der Europarechtskonformität der Vergabe soll im Einzelfall jedoch der jeweiligen Vergabestelle und einer etwaigen Auslegung durch die Spruchpraxis der Vergabekammern und der Oberlandesgerichte vorbehalten bleiben.
Die Bundesingenieurkammer wird sich zur Anwendung der gegebenen BMWK-Erläuterungen in der Praxis auch mit den kommunalen Spitzenverbänden und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund abstimmen, und darauf hinwirken, dass bei zukünftigen Vergaben die in der Erläuterungen ebenfalls hervorgehobenen mittelständischen Interessen berücksichtigt werden.
Weitere Informationen: https://bingk.de/vergabeverordnung-aenderungen-treten-ab-24-august-in-kraft/
Quelle: Bundesingenieurkammer (BIngK)